Charters Towers

Man sieht Charters Towers ihren Ursprung deutlich an. Die Stadt geht zurück auf eine Goldgräbersiedlung, allerdings auf eine der äußerst erfolgreichen Sorte – nachdem ein junger Aborigine 1871 im Gestein Gold gefunden hatte, sprach sich dieser Fund bald herum, und wie in so vielen Orten in Australien begann der Gold Rush.

Die Funde waren reichlich – in den rund vierzig Jahren, in denen in Charters Towers Gold abgebaut wurde, kam man auf einen Gesamterlös von 100 Millionen Dollar, eine mehr als beachtliche Summe.

Die meisten der Funde machte man in einem Bach, der noch heute nahe der Stadt liegt, und es ist wohl diesem kleinen Wasser zu verdanken, dass die Stadt innerhalb der ersten zehn Jahre nach dem Goldfund mehr als rapide anwuchs. Charters Towers war nicht nur rasch gegründet worden, die Stadt wuchs auch rasant und verschwendete ihre Stadt nicht mit Bescheidenheit. Man weiss aus den achtziger und neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts, dem Höhepunkt des Goldrausches, dass die Bewohner Charters Towers ganz einfach „The World“ nannten.

Die Zeit war rauschhaft für die Bewohner – die Steuern flossen reichlich, und der Magistrat genehmigte den Bau eines prunkvollen öffentlichen Gebäudes nach dem anderen. Die Stadthalle stammt ebenso aus dieser Zeit wie das alte Postamt, aber auch die erste Börse Australiens, die Stock Exchange Arcade. Natürlich boomten auch die Banken und wollten mit ihren Prachtbauten den öffentlichen Häusern nicht nachstehen.

Der Goldrausch war aber auch eine Zeit der Gastronomie. Mehr als hundert „Hotels“ gab es zu diesem Zeitpunkt in der Stadt, wobei man es mit diesem Begriff nicht sehr genau nahm. Viele der Hotels hatten nicht ein Zimmer zu vermieten, dafür aber einen äußerst gut gefüllten Keller, aus dem sich die Goldgräber gütlich tun konnten.

Knapp dreißig dieser „Hotels“ fand man allein in der Hauptstraße.

Die Bewohner von Charters Towers waren allerdings immer erfinderisch. Als absehbar war, dass die Goldfunde nicht mehr ausreichen würden, um die prosperierende Stadt in dieser Form zu erhalten, wandte man sich anderen Industriezweigen zu. Die Landwirtschaft ist ein noch heute ertragreicher Lieferant für die Stadt, aber auch die „Bildungsindustrie“ – in Charters Towers entwickelten sich in der Zeit nach 1916 insgesamt sechs private Internate, die einen so guten Ruf genießen, dass Schüler auch aus weiter entfernten Regionen herkommen. Eine Besonderheit ist auch die Distance School of Education, die per Radio Schülern im Outback Unterricht erteilt.

Mittlerweile gibt es einen zweiten Goldboom in Charters Towers, der sich als recht anhaltend erwiesen hat – seit Mitte der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts sind drei Goldminen in Betrieb, und ein Ende der Funde ist nicht abzusehen. Natürlich ist die Arbeit heute mühseliger und die Ausbeute geringer als in den Zeiten, in denen die Straßen buchstäblich „mit Gold gepflastert“ waren, doch spüren viele Einwohner der Stadt einen gewissen Stolz, wenn sie sich an diese große Zeit der Stadt erinnert fühlen.

Ganz dieser Geschichte folgend sind es natürlich besonders die historischen Gebäude der Stadt, die viele Besucher anziehen. Viele von ihnen sind noch heute gut erhalten, wie zum Beispiel die Stadthalle, die ein eindrucksvolles Beispiel des prunkvollen viktorianischen Baustils dieser Zeit darstellt. Die Stock Change Arcade, ehemals die Börse der Stadt, wurde renoviert und dient als prachtvolle Einkaufsarkade. Das prachtvolle Kino der Stadt, das World Theatre, fand 1996 seinen Sitz in einem renovierten, umgebauten Bankgebäude im Kolonialstil. Ein Besuch dieses Kinos führt direkt zurück in die Zeit der Filmpaläste kurz nach dem Aufkommen des Films.

Es gibt neben den Gebäuden aber auch andere interessante Dinge in der Stadt zu entdecken. Im Zara Clark Museum, welches sich der Geschichte der Pionierzeit widmet, kann man eine ganze Ausstellung von Haushalts- und Arbeitsgeräten dieser Zeit bewundern. Auch Transportmittel aus dieser Zeit sind dort zu finden.

Interessant ist auch die Venus Gold Treatment Battery, eine Anlage, in der Gold extrahiert wurde. Die Mittel, mit denen man rund hundert Jahre lang in diesem Gebäude arbeitete, gelten heute bestenfalls als vorsintflutlich, im schlimmeren Fall als leichtsinnig. Die Arbeit der Goldextrahierung erforderte große Mühen, und die chemischen Prozesse, die dabei verwendet wurden, waren oft gesundheitsschädlich.

Bild von denisbin